Die erste Halbzeit der Saison von Albert Pobor Tokyo, die mit einem völlig anderen Spielstil begann, neigt sich dem Ende zu. Wenn ich subjektiv eine Zwischenbilanz für diese ambitionierte, aber zugleich anspruchsvolle Saison ziehe, gebe ich 65 von 100 Punkten. Eine Note, die mit etwas Erwartungshaltung an die Bestehensgrenze anknüpft.
Das Ausscheiden in der Gruppenphase des Levain Cups, drei Niederlagen in Folge in der Liga seit Mai und die mangelnde Torgefahr im letzten Spiel – wenn man den aktuellen Zustand des Teams punktuell betrachtet, könnten viele denken, dass ein Nichtbestehen unvermeidlich ist. Betrachtet man jedoch die Spielweise seit Saisonbeginn und die Veränderungen im Team als Verlauf, so erkennt man eindeutig Wachstum und Verbesserungen.
Ich denke, dass sich das von Trainer Albert PUIG ORTONEDA vertretene Positionsspiel nicht anhand von Zahlen (Statistiken) wie Ballbesitzanteil oder Toranzahl messen lässt. Obwohl es Grenzen gibt, wenn man die sichtbaren Aspekte überspringt und verbal beschreibt, ist die Bewertungsgrundlage für das Positionsspiel, die ich während meiner fünfjährigen Zeit in Spanien gewonnen habe, die Frage: „Konnte in jeder Spielsituation effektiv gespielt werden?“
Fußball ist ein Sport mit 11 gegen 11 Spielern, bei dem die gleiche Anzahl auf beiden Seiten steht. Gerade weil die Anzahl gleich ist, ist es in jeder Spielsituation, sowohl in der Offensive als auch in der Defensive, entscheidend, wie man eine zahlenmäßige Überlegenheit schaffen kann. Betrachtet man zum Beispiel den Spielaufbau, der den Angriff von Albert Pobor Tokyo einleitet, so erkennt man keine festgelegte Form, sondern eine flexible Anpassung an die Stellung und das Verhalten des Gegners.
Da es sich um den Spielaufbau in der Nähe der letzten Linie handelt, ist es grundsätzlich das Ziel, gegenüber der Anzahl der gegnerischen vorderen Pressingspieler ein „+1“ zu schaffen. Dabei wird die Formation, in der Takuya AOKI zwischen den Innenverteidigern absinkt, jedoch nicht als festes Muster fixiert. Wichtig ist stets, „den Gegner zu beobachten und das zahlenmäßige Übergewicht von +1 zu schaffen“ und dieses zahlenmäßige Übergewicht zu nutzen, um die erste gegnerische Linie zu durchbrechen.
Da in jeder Spielsituation keine Muster, sondern situationsgerechte Entscheidungen nach Prinzipien gefordert sind, ist die geistige Belastung für die Spieler naturgemäß besonders hoch. Dennoch haben sich das individuelle Verständnis der Spielsituationen der Spieler und die Harmonie als Gruppe seit Saisonbeginn stetig verbessert. Besonders die Stabilität im Spielaufbau, der den Angriff einleitet und oben als Beispiel genannt wurde, hat sich deutlich erhöht, und kritische Fehlpässe von Innenverteidigern und Torhütern sind im Vergleich zum Saisonbeginn deutlich zurückgegangen.
Allerdings liegt die Schwierigkeit im Fußball darin, dass der Gegner Gegenmaßnahmen ergreift. Gegen das Positionsspiel von FC Tokyo in dieser Saison setzen mittlerweile grundsätzlich alle Teams auf ein hohes Pressing, um es einzuschränken. Besonders gegen die drei Mittelfeldspieler wird oft eine Art Manndeckung angewandt, um die Passwege ins Zentrum zu blockieren, wodurch der Passumlauf zwangsläufig außen verläuft und es dem Gegner leichter gemacht wird, den Ball zu erobern, was den Angriffsvorstoß erschwert.
Als Reaktion auf die gegnerischen Gegenmaßnahmen hat Albert Tokyo begonnen, Passwege zu entwickeln, die nicht den Vorgaben des Gegners entsprechen, und praktiziert eine Pressingumgehung, indem sie das Mittelfeld überspielen und die Postarbeit des einzigen Stürmers Diego OLIVEIRA nutzen. Das ist ein äußerst effektives Spiel und eine geschickte Pressingumgehung, doch das Problem dabei ist, dass es nur wenige Spieler gibt, die Diegos Pässe nach vorne annehmen.
Da sowohl Shuto ABE als auch Kuryu MATSUKI sehr laufstarke Mittelfeldspieler sind, kommt es häufig vor, dass sie Diego OLIVEIRA, der im Mittelfeld absinkt und als Anspielstation agiert, überholen. Dadurch entstehen oft Situationen, in denen kein Anspielpunkt geschaffen wird, um den Angriff durch ein nach vorne gerichtetes Annehmen des Balls und eine schnelle Tempoverschärfung voranzutreiben.
Ein wichtiger Faktor für das Vorrücken im Angriffsspiel beim Positionsspiel ist ebenso wie die Bewegung zur Schaffung von Passwegen die „Unterstützung durch das Schaffen von Höhenunterschieden“. Um die hochklassigen Defensivblöcke des Gegners und die einzelnen Linien zu durchbrechen, reicht ein Pass nach vorne allein nicht aus. Es müssen auch Pässe nach seitlich, diagonal und hinter die Linie beherrscht werden. Dafür ist es notwendig, durch die Anordnung der Spieler Höhenunterschiede zu schaffen. Wenn man nicht immer Schritt für Schritt vorankommen kann, ist manchmal auch ein Vorwärtskommen nach dem Prinzip „drei Schritte vor, zwei zurück“ erforderlich.

Auch in der Defensive ist das Team in dieser Saison offensiv und aktiv. Es wird ein hoher Pressingdruck von vorne ausgeübt, um den Ball bereits in der gegnerischen Hälfte zu erobern. Dass ausländische Spieler wie Diego OLIVEIRA, Leandro und Adailton so engagiert Pressing und Verfolgungsarbeit leisten, ist zweifellos ein Beleg dafür, dass es sich um ein Team mit einer der besten Disziplinen (Regeln) in der J1 handelt.
Natürlich erfordert das Abfangen des Balls in hoher Position durch intensives Pressing eine kompakte Mannschaft und eine hohe Abwehrlinie. In der ersten Saisonhälfte bewegt sich Albert Tokyo organisch als Team und baut eine Verteidigungsorganisation auf, die wie eine Kette verbunden ist. Aufgrund des offensiven Stils liegt der Fokus oft auf dem Angriff, wenn man den Ball hat, aber ich sehe den wichtigsten Punkt in der ersten Saisonhälfte in genau diesem Aufbau der Verteidigungsorganisation.
Allerdings bleiben natürlich auch in der Defensive Herausforderungen bestehen. Da die Verteidigung mit einer hohen Linie ein Risiko birgt, indem sie im Rücken Räume schafft, muss die Abwehrlinie oft zurückgezogen werden, wenn der hohe Druck der gegnerischen Offensive überwunden wird. Diese Entscheidung wird jedoch häufig zu früh getroffen. Was dann passiert, ist, dass der gegnerische Stürmer nicht hinter der Abwehrlinie, sondern im Mittelfeld absinkt, um dort eine Anspielstation zu schaffen, und dabei frei steht, wodurch er leicht zum Ausgangspunkt für Angriffe wird. Obwohl dies besser erscheint, als wenn die Abwehrlinie hinterlaufen wird und es sofort brenzlig wird, ist es für die Spieler vor dem Mittelfeld mental belastend, da sie in einer Situation, in der sie dachten, den Ball erobert zu haben, stattdessen zum Ausgangspunkt für den Angriff des Gegners werden. Zudem ist die körperliche Belastung hoch, da sie weite Wege zurücklaufen müssen.
Auch wenn das Defensivkonzept des Teams klar definiert ist, liegt die Entscheidung, ob die Abwehrlinie in solchen Situationen nach vorne oder hinten gezogen wird, letztlich beim einzelnen Verteidiger. Daher wird oft die Entscheidung bevorzugt, die Abwehrlinie schneller abzusenken, da dies aus der bisherigen Erfahrung und dem vertrauten Stil als „sicherer“ erscheint. Aber das ist unvermeidlich. Denn eine Stiländerung bedeutet eine große Herausforderung, bei der genau diese kleinen, aber sehr wichtigen Gewohnheiten und Entscheidungsgrundlagen verändert werden müssen.
Dennoch ist es ein Zeichen dafür, dass der postulierte Stil und der angestrebte Fußball klar und logisch sind, wenn solche Geburtswehen und Prozesse sichtbar werden. Dass man allein in der Hinrunde so deutlich die gut funktionierenden Bereiche und die noch bestehenden Herausforderungen erkennen kann, zeigt nur das Entwicklungspotenzial des Teams.
Es ist unbestreitbar, dass im Fußball als Sportveranstaltung das Ergebnis alles ist. Fans und Unterstützer freuen sich über die Ergebnisse ihres Teams und reagieren emotional auf Tore – und das sollten sie auch. Dennoch, wenn man nicht reaktiv auf den Gegner spielt, sondern ein aktives, selbst gestaltendes Positionsspiel anstrebt, möchte man, dass die Zuschauer diesen Prozess sogar mehr genießen als das Ergebnis selbst.
Text von Ichiro Ozawa (Fußballjournalist)
▼ Auf Ichiro Ozawas YouTube-Kanal „Ichiro Ozawa Periodista“ gibt es ein Vorschau-Video zum Spiel gegen die Kashima Antlers am So., 29.05., in dem er im Gespräch mit Takashi FUKUNISHI zu sehen ist. Schaut es euch unbedingt an!
