Tokio vs. Hiroshima „Ein Kampf der Gegensätze“ / Satoshi Hōjō (Fußballautor)

KOLUMNE09.03.2022

Tokio vs. Hiroshima „Ein Kampf der Gegensätze“ / Satoshi Hōjō (Fußballautor)

Eile mit Weile vs. Eile um jeden Preis


Abreißen oder gefressen werden ––.

Es könnte eine Serie spannungsgeladener Angriff- und Verteidigungsszenen werden. Am kommenden Wochenende, Sa., 12.03., findet im Ajinomoto Stadium das Spiel „FC Tokyo vs. Sanfrecce Hiroshima“ statt. Ein Gegner, der im starken Kontrast zu Albert Pobor-Tokyo steht. Die Teamstruktur ist grundlegend verschieden.

Tokios Ansatz ist „Eile mit Weile“.
Hiroshimas Ansatz ist „Eile um jeden Preis“.

Die Haltung der beiden Teams könnte kaum gegensätzlicher sein. Nicht nur Tokio, auch Hiroshima hat in dieser Saison einen neuen Trainer eingesetzt und ein grundlegendes Umdenken im Spielmodell vollzogen. Schnell. Einfach nur schnell. Sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung.

Die Lebensader ist die Transition, die seit dem Trainingslager verfeinert wurde. Der Wechsel vom Angriff zur Verteidigung und von der Verteidigung zum Angriff. Dabei soll der erste Schritt gemacht und mit einem scharfen schnellen Konter sofort zugeschlagen werden. Es ist ein Spielstil, der den Gegner mit einem hochintensiven Tempo in Angriff und Verteidigung förmlich verschlingt.

Diese neue Ausrichtung ist ein großer Trend im modernen deutschen Fußball. Es handelt sich um einen intensiven Fußballstil, den die herausragenden Trainer Jürgen Klopp (Trainer von Liverpool) und der sogenannte Professor Ralf Rangnick (Trainer von Manchester United) geprägt haben. Der neue deutsche Trainer von Hiroshima, Michael SKIBBE, ist ein treuer Anhänger dieses Stils.


Wahrscheinlich ist das größte Highlight das geschickte Ballbesitzspiel Tokios, das von hinten heraus aufgebaut wird, und das intensive Pressing Hiroshimas, das versucht, dieses zu zerstören. Die eingangs gestellte Frage, ob man sich lösen kann oder gefressen wird, bezieht sich genau auf diesen Kampf.

Hiroshimas gefährliches Pressing besteht aus zwei Arten: dem Gegenpressing, das auf die sofortige Rückeroberung des verlorenen Balls abzielt, und dem Hochpressing, bei dem man tief in die gegnerische Hälfte eindringt, um den Spielaufbau des Angreifers von Grund auf zu unterbinden. Für Ersteres ist die deutsche Bezeichnung „Gegenpressing“ wohl am verständlichsten.

Für Tokyo könnte der letztere Punkt noch problematischer sein. Besonders in den ersten 15 Minuten, in denen Hiroshima mit Vollgas angreift, ist Vorsicht geboten. Wenn die Risikoabwägung falsch eingeschätzt wird, lauert die Falle eines sofortigen Gegentores nach Ballverlust.

Der Schlüssel liegt bei den vier Verteidigern und dem Pivot (Anker), die den Spielaufbau steuern. Takuya AOKI, der in der letzten Partie gegen Cerezo Osaka, dem ersten Sieg dieser Saison, nach zwei Verwarnungen vom Platz gestellt wurde, ist gesperrt. Die Leistung von „Mr. X“, der als Pivot einspringt, wird daher ein wichtiger Fokus sein. Ohne seine Leistung ist es kaum möglich, dem Pressing zu entkommen.

Anders ausgedrückt: Je nachdem, wie sich der Pivot bewegt, kann Tokyo die Oberhand gewinnen. Betrachtet man das letzte Spiel gegen Vissel Kobe, das 1:1 endete, gibt es nämlich Lücken in Hiroshimas Deckung des Pivots. Es ist unklar, wer den Pivot beim Pressing von vorne aus abdeckt. Tatsächlich kam die Kontrolle gegen Sergi SAMPER von Kobe oft zu spät, sodass es mehrfach nicht gelang, den Aufbaupunkt zu zerstören.

Allerdings ist der Pressing von Hiroshima schnell und scharf. Sie scheuen sich nicht davor, zweimal hintereinander zu attackieren, und während sie sich mit den Bewegungen der vorderen Linie synchronisieren, spannen die hinteren Reihen ein engmaschiges Netz. Sobald sie den Ball erobern, spielen sie ohne Verzögerung einen vertikalen Pass und starten einen schnellen Gegenangriff, sodass keine Nachlässigkeit oder Lücke erlaubt ist.

Tokios neues Aushängeschild ist das Positionsspiel, doch es dauert eine angemessene Zeit, bis jeder seine richtige Position eingenommen hat. Hiroshima hingegen verfolgt die Philosophie, diesen Aufbau durch schnelles Pressing im Keim zu ersticken. Dieser Kampf um „Ort und Zeit“ wird den Ausgang dieser Partie maßgeblich beeinflussen.

Falls Hiroshima seine Taktik zur Sperrung des Pivots anpasst, besteht die Möglichkeit, dass sie sich auf ein "gleichstarkes Pressing" konzentrieren, bei dem die Spieler in der Nähe des Balls mannorientiert gedeckt werden. So war es auch im zweiten Spieltag (1:1) gegen Hokkaido Consadole Sapporo.

Wie reagiert Tokyo in diesem Fall? Natürlich hängt es von der Situation ab, aber der Einsatz von langen Bällen könnte ein entscheidender Punkt sein. Das Ziel ist hinter der Abseitslinie, und zwar hinter den Wingbacks. Kobe hat dort lange Bälle gespielt, um eine Basis aufzubauen und das erste Tor zu erzielen. Damit haben sie die vorwärtsdrängende und druckvolle Spielweise Hiroshimas geschickt ausgenutzt.

Es wäre interessant, diagonale Pässe von den Innenverteidigern zu den weit außen postierten Flügelspielern zu spielen. Im Spiel gegen C Osaka gab es eine Szene, in der Yasuki KIMOTO aus der letzten Reihe einen scharfen diagonalen Pass zu Adailton spielte, der weit links außen wartete, und so einen schnellen Angriff einleitete. Unabhängig von der Position, auf der sie eingesetzt werden, besitzt auch Masato MORISHIGE die Fähigkeit, hochwertige lange Bälle zu spielen. Mit diesen Pässen möchte man Adailton sowie Kazuya KONNO, der im Spiel gegen C Osaka das entscheidende Tor erzielte, und den schnellen Kensuke NAGAI, also die Wide Receiver (Empfänger weit außen), optimal einsetzen.


Allerdings ist ein übermäßiger Gebrauch genau das, was Hiroshima erwartet. Lange Bälle erreichen nicht immer hundertprozentig ihre Mitspieler. In den meisten Fällen, einschließlich der abgeprallten Bälle, werden sie von der Verteidigung erobert. Wenn sich das wiederholt, entsteht nicht der von Albert Pobor beabsichtigte Angriffsrythmus. Ob man den Ball passen oder schlagen soll – diese Entscheidung wird entscheidend sein.

Wie dem auch sei, ein kontrastreiches Bild: Tokio, das den Ball hält, und Hiroshima, das die Rückeroberung plant. Doch in diesem Spiel verbirgt sich auch ein nicht zu übersehendes Nebenthema. Die sofortige Rückeroberung verlorener Bälle. Nicht Hiroshima, sondern Tokio ist hier gemeint.

Der Weg nach vorne mag unterschiedlich sein, doch die Vorgehensweise in der Defensive ist dieselbe. Schneller Umschaltmoment, intensives Zweikampfverhalten und das konsequente Einsammeln von Abprallern. Für Albert Pobor Tokio ist eine defensiv hohe Intensität die Lebensader.

Während sie von hinten Pässe spielen und tief in die gegnerische Hälfte vordringen, versuchen sie nach Ballverlust sofort die Balleroberung, um wieder in den Angriff überzugehen. Diese Spielweise, bei der dem Gegner keine Konterchance gegeben wird und ein einseitiger Angriff erfolgt, ist das Ziel von Trainer Albert. So großartig der Angriff auch sein mag, ohne eine stabile Defensive mit wenigen Schwachstellen funktioniert es nicht.

Auch Tokio ist eine Mannschaft, die mit Gegenpressing bewaffnet ist. Angeführt von Shuto ABE im Mittelfeld gibt es eine Reihe von Spielern, die ein intensives Pressing beherrschen. Besonders vielversprechend ist Kuryu MATSUKI, ein Neuling, der sich bereits einen Platz im Mittelfeld erkämpft hat und seit dem Eröffnungsspiel in der Startelf steht. Seine Stärke liegt nicht nur in Technik und Offensivgefühl, sondern auch darin, als Vorhut des Pressings glänzend zu agieren.


So war es auch im Spiel gegen FC Osaka. Aus Matsukis scharfem Pressing entstanden immer wieder Chancen. Er ist stark im Zweikampf und schafft es, selbst gegen erfahrene Gegner den Ball konsequent zu erobern – das ist wirklich beeindruckend. Auch in diesem Spiel gegen Hiroshima wird er zweifellos eine Schlüsselfigur für Tokio sein, sowohl in der Offensive als auch in der Defensive.

Auf der anderen Seite verfügt auch Hiroshima in der zweiten Reihe (Shadow) über einen Hauptakteur: Tsukasa MORISHIMA. Seine Bewegungen sind unberechenbar und grenzenlos. Im Angriff agiert er als Anspielstation zwischen den Linien, um vertikale Pässe zu ermöglichen, in der Defensive hingegen als Vorreiter im Pressing und agiert dabei äußerst geschickt. Wenn man ihn frei laufen lässt, kann das fatal werden. Ein Spiel, bei dem man die Leistungen von Matsuki und MORISHIMA gleichermaßen nicht aus den Augen verlieren sollte.


Beide Teams haben gerade erst versucht, ein neues Spielmodell zu implementieren. Es ist ein Aufeinandertreffen in der Halbzeit der Fertigstellung. Welche Farbe wird dabei stärker hervortreten? Aufbau gegen hohen Druck, Ballbesitz gegen Konter, Positionsspiel gegen Übergangsspiel, Matsuki gegen Morishima... Von der taktischen Ebene bis zum Duell der Hauptakteure gibt es zahlreiche Highlights. Wird man abziehen oder gefressen? Der erbitterte Kampf zwischen zwei gegensätzlichen Mannschaften beginnt bald.


Text von Satoshi Hōjō (Fußballautor)

<3. Spieltag FC Tokyo vs Cerezo Osaka Highlights>

<3. Spieltag Sanfrecce Hiroshima vs Vissel Kobe Highlights>